27. März 2025

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Ein Machtkampf

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Karikatur: Loviski

4 Minuten Lesezeit

Ein Kommentar von Frank Langenrost

Es sind nicht die Facebook-Videos, nicht die Fraktionsbeschlüsse und auch nicht die Dementis, die in der Causa Oliver Ebken am meisten ins Gewicht fallen – sondern das, was fehlt: Klarheit. Seit Monaten tobt ein innerparteilicher Streit in der SPD Cuxhaven, der vorgestern im Ausschluss eines Landtagsabgeordneten aus der Ratsfraktion gipfelte. Die SPD begründet ihren drastischen Schritt mit einem seitenlangen internen Papier. Ebken weist sämtliche Vorwürfe entschieden zurück. Und doch weiß niemand außerhalb der Beteiligten, was genau den tiefen Riss ausgelöst hat. Das Schweigen der Fraktion zu den konkreten Auslösern mag juristisch gedeckt sein, politisch aber erzeugt es ein Vakuum. In dieses stößt Oliver Ebken mit Videos, Presseauftritten und der immer wiederkehrenden Frage: Was ist hier eigentlich passiert? Die Fraktion schweigt. Ebken spricht. Und das Publikum bleibt ratlos zurück. Nun kündigt Ebken an, auch die jüngsten Ratsbeschlüsse anzufechten. Wieder wird der Vorgang bei der niedersächsischen Innenministerin Daniela Behrens landen. Eine Prüfung der Rechtmäßigkeit könnte sich bis in den Sommer hinziehen. Der Konflikt bleibt damit nicht nur ungelöst – er wird politisch und juristisch weitergeführt. Doch bei all dem stellt sich auch eine andere Frage: Wie lange will sich Oliver Ebken das noch antun? Wer sich von der eigenen Partei so nachhaltig demontiert fühlt, wie Ebken es öffentlich darstellt, muss sich irgendwann fragen, ob ein Parteiaustritt nicht konsequenter wäre. Alles andere wirkt zunehmend wie ein zermürbender Machtkampf ohne Perspektive – weder für ihn noch für die SPD. Umgekehrt müsste eine Partei, die sich so entschieden gegen einen eigenen Mandatsträger stellt, ebenfalls eine Grenze ziehen. Wenn man Ebken für so untragbar hält, wie es das Fraktionspapier nahelegt, müsste die SPD ein Parteiausschlussverfahren einleiten. Doch für ein solches Verfahren müsste sie mehr auf den Tisch legen als vage Andeutungen und interne Notizen. Dann bräuchte es klare, belastbare Beweise – und den Mut, die Karten offen auf den Tisch zu legen. Was diese lokale Politposse besonders bitter macht: Die Demontage eines Hoffnungsträgers der SPD – immerhin ein gewählter Landtagsabgeordneter – findet außerhalb Cuxhavens praktisch keine Beachtung. Kein überregionaler Journalist greift den Fall auf. Kein Medium schaut hin. Die SPD in Cuxhaven taumelt, und der Rest des Landes zuckt mit den Schultern. Man könnte denken: Cuxhaven interessiert kein Mensch. Im kommenden Jahr sind Kommunalwahlen. Ebken dürfte alles daransetzen, seinen Widersachern in der Fraktion politisch das Leben schwer zu machen – insbesondere jenen, die ihn mit einer ominösen Presseerklärung via Facebook öffentlich bloßgestellt haben. Für die Genossen, die ihn vorgestern ausgeschlossen haben, wird es ein langer Weg zurück in die politische Glaubwürdigkeit. Denn Fakt ist: Die Fraktion hat keine erkennbare Persönlichkeit mehr. Der ewige Fraktionsvorsitzende Gunnar Wegener (72) kann kaum das Gesicht einer Erneuerung sein. Und so liegt – mal wieder – alles auf den Schultern von Oberbürgermeister Uwe Santjer (SPD). Seine Aura, seine Popularität – unbestritten. Aber reicht das? Angesichts einer ideologisch geprägten, ambitions- und visionärarmen Politik der letzten Jahre muss man diese Frage offen lassen. Was bleibt, ist der Eindruck einer Partei im Strudel.

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Frank Langenrost

Redakteur & Kolumnist

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